Interview mit Carina Lendl

Die aus Oberösterreich stammende Autorin entschied sich nach Familien- und Büroleben nicht nur für den Naturkostladen, sondern auch dafür, das erste Buch zu schreiben. Hier erklärt sie, warum.

Urs Heinz Aerni: Sie haben sich mit diesem Buch einen Kindheitstraum erfüllt. Andere träumen von Reisen, Sie von einem eigenen Buch, wieso?

Carina Lendl: Im Grund träume ich wahrscheinlich auch vom Reisen, aber halt ohne Gepäck. Ich liebe es, gedanklich abzutauchen. Diese Reisemöglichkeit habe ich immer gehabt. Bücher öffnen mir jederzeit die Türen zu anderen Welten. Aber auch Gespräche, kuriose Situationen, kleine Wunder im Garten etc. erfüllen ähnliche Zwecke. Meine Gedanken machen sich gern selbständig und reimen sich alles Mögliche zusammen. Und ein leeres Blatt Papier war für mich bereits als Kind eine wunderbare Spielwiese.

Aerni: ... während andere davor panische Ängste haben ...

Lendl: Für mich war ein eigenes Buch zu verfassen die natürliche Konsequenz, schon allein deshalb, weil ich endlich ein Ventil gebraucht habe, um ein wenig Platz in meinem Kopf zu schaffen.

Aerni: Ihr Kinderkrimi dreht sich um eine Familie, originelle Figuren und einen Wellensittich namens Ufo. Wie ist das Personal entstanden? Stetig oder waren die Charaktere schon früh definiert?

Lendl: Der Kern der Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Ich durfte beobachten, wie ein lieber Nachbar auf einen Baum kletterte und einen Wellensittich einfing. Das hat mich fasziniert – ich meine, ein Vogel mit gesunden Flügeln, der sich von einem fremden Menschen fangen lässt? Ich hätte nicht geglaubt, dass sowas möglich ist.

Aerni: Erstaunlich in der Tat.

Lendl: Dann war da auch noch das Rundherum: ein Baum in voller Blütenpracht, Kinder mit glänzenden Augen, Frühlingssonne etc. Diese Szenerie hat mich nicht mehr losgelassen. Und als der Zeitpunkt gekommen war und es für mich gepasst hat, habe ich losgelegt. Ursprünglich sollte eine kurze Geschichte mit wenigen Figuren draus werden.

Aerni: Aber?

Lendl: Als ich mit dem Schreiben begonnen habe, ist eine Lawine ins Rollen geraten. Mein Hirn hat durchgemischt, was sich in meinen Lebensjahrzehnten zusammengesammelt hat, und so haben sich Personen und Handlungen eigentlich sehr mühelos ausgeformt.

Aerni: Nach der Ausbildung an der Handelsakademie mit Job im Büro und der Gründung einer Familie sind Sie heute in einem Naturkostladen anzutreffen. Sammelte sich der Stoff im Laufe der Jahre für Ihren Kinderkrimi an? Wie fanden Sie zu diesem witzigen Plot?

Lendl: Ich begegne meinem Umfeld aufmerksam und beobachte gern. Und ich versuche, Zusammenhänge herzustellen. Wieso reagiert der eine so und die andere ganz anders? Daraus resultiert wohl meine Sammlung an Schattierungen des Alltagslebens, aus der ich für diesen Plot geschöpft habe.

Carina Lendl – Welche Farbe hat mein Tag?
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Aerni: Ihr unterhaltsames Buch sei für Kinder ab neun Jahren geeignet. Wie sehen Sie als Mutter und nun als Jungautorin die Zukunft des Lesens in unserer Gesellschaft?

Lendl: Ich glaube, die wichtigste Anstrengung wird es sein, Kinder vermehrt fürs Lesen zu begeistern. Aus lesenden Kinder werden lesende Erwachsene. Kinder sind offene und fantasiebegabte Wesen, die nicht mit trendigen Plots abgespeist werden sollten. Als meine Söhne klein waren, habe ich mich oft darüber gewundert, wie vorhersehbar die Handlungsentwicklungen in so mancher angesagten Kinderbuch-Reihe waren. Andererseits war ich froh, dass die Buben überhaupt gelesen haben. Das Resultat war aber damals schon, dass das Lesen schnell fad geworden ist.

Aerni: Was kann dagegen getan werden?

Lendl: Meiner Meinung nach ist Vielfalt und Ideenreichtum der Schlüssel dazu, dass sich Bücher in unserem digitalen Zeitalter weiterhin behaupten können.

Aerni: Wie würden Sie diesen Satz beenden? »Wenn ich dieses Buch nicht geschrieben hätte, wäre ich …«

Lendl: »… enttäuscht von mir, weil ich den Zeitpunkt, an dem sich endlich die Gelegenheit zum Schreiben ergab, ungenutzt hätte verstreichen lassen.«  

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